Freitag, Juni 09, 2006

Knapp...

Einsatzfahrt zum Brandeinsatz.
Während ich mich in mein Atemschutzgerät zurre, tastet sich unser Fahrer über die rote Ampel in eine große Kreuzung hinein. Er bremst noch einmal, als ein kleiner Fiesta doch noch mit mindestens den erlaubten 70 km/h vor uns vorbeisausen muß.

So ein knallrotes Feuerwehrauto ist ja mit über drei Metern Höhe, neun Metern Länge, Blaulicht und Horn auch schwer zu bemerken…

Unseren LKW hätte die Kollision auch nicht sehr gestört, aber die Fahrerin des flinken Kleinwagens hätte sie mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht überlebt.

Unser Fahrer sah es gelassen. Er fährt schon seit Jahren Einsatzfahrzeuge und ist an das kuriose Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer „gewöhnt“.

Trotzdem wünsche ich mir, diese Fahrerin könnte ebenso wie viele, viel andere Fahrzeugführer vorne in diesem großen Fahrzeug sitzen, wenn es zum Einsatz rollt. Um zu sehen, wie knapp es manchmal ist; zu spüren, wir träge so ein beschleunigter LKW mit über einer Tonne Wasser im Tank bremst; Zu wissen, wie wenig Zeit noch ist, damit Menschen im Rauch noch lebendig gerettet werden können.

Um Einsatzkräfte für die Gefahren der Alarmfahrt zu sensibilisieren, gibt es inzwischen eine Riesengalerie auf der Anfahrt verschrotteter Einsatzfahrzeuge im Internet.
Die Sensibilisierung der restlichen Verkehrsteilnehmer ist da schwieriger, deshalb:

Liebe „Zivilisten“: Habt bitte Respekt vor großen, schnellen, blinkenden Autos… Die Leute darin machen das nicht zu ihrer eigenen Freude und auch nicht, um Euch zu ärgern… und vielleicht fahren sie gerade so schnell, wie Ihr sie laßt, zu einem Menschen in Not, den Ihr liebt…

Dienstag, Juni 06, 2006

Ich hab´ nichts gehört…

Ich absolviere den Truppmann 2- Lehrgang durch studienbedingten Umzug in eine neuen Stadt.

Wie üblich befassen wir und auch recht intensiv mit der Anwendung der vierteiligen Steckleiter. Ich bin gerade als Truppmann in das zweite Obergeschoß des Steigerturms eingestiegen, als es gut vernehmlich von unten ruft: Ich hab´ nichts gehört…“
Ich sehe meinen Spannmann fragend an, der beugt sich vor und ruft nach unten: „Der ist nicht von hier, kennt er noch nicht!“
Da es sofort darauf „zum Abmarsch fertig“ heißt, vertagen wir die Erklärung auf später und lassen erstmal wieder Strahlrohr, Axt und Handlampe säuberlich in der offiziellen Reihenfolge vom Turme herab. Herunterklettern, Schläuche aufwickeln, Leinenbeutel stopfen… Schließlich ist es endlich so weit, und ich komme dazu, unsere Ausbilder zu fragen, was zum … man denn oben auf dem Turm hören sollte.

Er erklärt mir folgendes: In der Stadt gibt es noch eine Vielzahl von Altbauten mit Holzdecken, die durch Brandeinwirkung mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Deshalb soll man vor dem Einsteigen erst zweimal kräftig aufstampfen, um zu testen, ob der Boden, auf den man sich stellen möchte auch hält.

Man lernt nie aus, was für faszinierende Möglichkeiten es gibt, den Feuerwehrdienst sicherer zu gestalten ;-)

Dienstag, Mai 30, 2006

Abkürzungen ;-)

Aus irgendeinem Grund behaupten Nicht- Feuerwehrleute doch immer wieder, dass FM(SB) nur unverständliche Abkürzungen benutzen. Das erscheint mir merkwürdig und ungerecht. Was ist denn an unserer Terminologie schwierig?

Wenn im Alltagsgeschäft RTW und NEF zusammen mit dem KAF zur PTür fahren, während der Atr des HLF auf der BAB unter PA einen PKW nach VU mit dem SA löscht, dann ist doch wohl völlig klar was gemeint ist. Und auch wenn gleichzeitig auf dieser EST der ELW zusammen mit der POL über 4m dann noch den RTH einweist, nachdem er zunächst das 24/50 über die LST nachgefordert hat, während die DLK mit dem KBM ohne SOSI zur Pdzs ausrückt, dann kann auch dies doch wohl kaum zu Verständnisproblemen führen. (Währenddessen dosiert übrigens auf der BAB der MA dem SA noch 1,5% MBS zu, damit das aus dem HSR abgegebene H2O auch wirkt.) Übrigens sind inzwischen RTW und NEF im Status 4, NA, RS und RA begeben sich schon mal mit Koffern, DEFI und O2 in das zweite OG, während das KAF noch den über FME vorab informierten B-Dienst einsammelt, da es sich nach neueren Informationen über Draht auch um eine PsychKG handeln könnte. Deshalb macht der RD auch schon mal (sicher ist sicher) die LmaA-Spritze klar…

Ich weiß echt nicht warum manche Leute immer behaupten, von Unterhaltungen ausgeschlossen zu werden, nur weil zwei FA mal kurz den fachlichen Austausch pflegen…

Mein zweites Mal

Mein erster Brandeinsatz war ein Großbrand. Die Flammen schlugen so hoch aus dem Dach der Wurstfabrik, daß die Fotos des Brandobjektes noch heute an den „Trophäenwänden“ einiger Feuerwehren des Kreises hängen. Aber ich denke kaum mehr daran.

An meinen zweiten Brandeinsatz dagegen denke ich auch heute noch sehr oft…
Gegen ein Uhr nachts wurden wir damals zu einem Wohnhausbrand im ersten OG und Dachstuhl alarmiert. Als „Frischling“ half ich zunächst, die Leiter für den Angrifftrupp aufzustellen und wurde dann in Bereitstellung an unser Fahrzeug beordert. Dort machte ich dann die erste von zwei wichtigen Erfahrungen dieser Nacht:
Mit etwas mehr Zeit zum Umsehen bemerkte ich, daß das Haus für eine silbernen Hochzeit geschmückt war und erfuhr, daß unbeobachtet kochendes Essen, das für das Fest am kommenden Morgen vorbereitet worden war, den Brand ausgelöst hatte. Die Familie stand hilflos vor dem Haus und beobachtete, was um sie herum geschah. Als ich dann die junge Frau in meinen Alter sah, die ganz still auf die Flammen schaute, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen, hätte ich ihr gern irgendwie geholfen. Aber damals wußte ich einfach nicht wie.
Eines wurde mir dadurch aber sehr drastisch bewußt: Unser Eingreifen wird zwar in aller Regel etwas zum positiven verändern können, aber „feuerwehrtechnische Handwerkskunst“ reicht eben nicht aus. Wenn wir unsere Aufgaben wirklich gut erfüllen möchten, müssen wir auch auf die Menschen in ihren Krisensituationen eingehen.
Viele Einsätze später wußte ich dann, daß es oft gar nicht viel braucht, um den Betroffenen ein wenig Orientierung in ihrer Situation, vielleicht sogar etwas Trost zu geben: Auf die Betroffenen zugehen und Sie fragen, wie es ihnen geht, aufmerksam zuhören, sie ernst nehmen und ihnen unsere Maßnahmen erklären, sobald dafür etwas Zeit ist, macht meist schon den entscheidenden Unterschied.
Wenn ich heute mit Mensche an einer Einsatzstelle spreche, weiß ich, daß sie sich in einer absoluten Ausnahmesituation befinden. Sie haben Angst, sind wütend, wissen nicht, wie es weitergehen wird und oft noch nicht einmal wo sie in dieser Nacht schlafen werden.
Ich versuche zu erklären, was wir tun und warum und wieso die Menschen immer noch nicht in ihre Wohnung zurück gehen können. Und ich nehme die gelegentlich auftretende Wut nicht persönlich, weil ich weiß, daß sie letztendlich nicht an mich adressiert ist.
Zusätzlich versuche ich, unbürokratische Lösungen für die Probleme zu finden, die ich lösen kann. Ein Sitzplatz in einem warmen Feuerwehrfahrzeug, eine Decke und ein Ansprechpartner während der Wartezeiten sind für uns eigentlich immer problemlos zu organisieren, helfen den Betroffenen aber ungemein. Ich kann mich auch an keinen Fall erinnern, in dem die für unsere „Kunden“ lästigen Sicherheitsmaßnahmen, die vorher als zusätzliche „sinnlose Schikanen“ empfunden wurden, nach einer freundlichen und vernünftigen Erklärung nicht akzeptiert wurden.

All das habe ich letztendlich durch diese junge Frau vor ihrem brennenden Haus gelernt, mit der ich nie gesprochen habe.

Bei den Nachlöscharbeiten bemerkten wir, daß einer unserer Atemschutztrupps nur um Haaresbreite einem Absturz aus 6 Metern Höhe entgangen war. Etwas später fiel uns auf, daß ein Schlafzimmer so hinter einer Paneelwand abgetrennt war, daß man die Tür aus Paneelbrettern von außen kaum bemerken konnte. Bewußtlose Personen in diesem Zimmer hätten unsere Trupps in dem verrauchten Geschoß niemals rechtzeitig finden können. Das war meine zweite Lektion in dieser Nacht: Das Technik, Ausbildung und Erfahrung zwar sehr viel Sicherheit bringen, manchmal aber trotzdem keinen Schutzengel ersetzen können.

Wozu ein wenig Feuerwehrwissen nützlich ist -eine reale kleine Anekdote -

Im letzten Sommer erhielt ich den Anruf eines Arbeitskollegen (Hausmeister) über Mobiltelefon: „Du, ich stehe vor unserer Außenstelle Z. Durch eine weggeworfene Zigarette glimmt und brennt der neu aufgeschüttete Torf in den Außenanlagen so leicht vor sich hin. Wir haben schon ein paar Eimer Wasser darauf geschüttet, es ist dann immer nur kurz aus und geht dann nach eine paar Minuten wieder an“

Meine Antwort: „Habt ihr schon mal Spülmittel in das Wasser gegeben ?“

Kollege: „Waaas?“

Meine Antwort: „Nochmals Frage: Habt ihr auch schon Wasser mit Spülmittel ausprobiert ?“

Anrufer: “Ähhm, willst du mich veralbern ?“

Meine Antwort: „Vergiß es, ich bin eh in der Nähe und in fünf Minuten da, kippt halt noch ein paar Eimer Wasser drauf...“

Nach meinem Eintreffen fügte ich dann den nächsten drei Wassereimern einen kräftigen Schuß Spülmittel hinzu. Was wohl keinen Feuerwehrangehörigen überraschen wird- das Wasser perlte nun nicht mehr auf Grund seiner Oberflächenspannung vom Torf ab, sondern drang in ihn ein und löschte das „Feuer“ endgültig.

Fassungsloses Staunen der Umgebung und die nächsten drei Monate keine blöden Sprüche der Kollegen mehr, wenn ich mal wieder nach gewissen Piepsgeräuschen kurzfristig meine Tagesplanung revidierte.

Ein schöner Tag... :-)))

Sind ABCler anders als andere Menschen?

Anmerkung:
Dieser Artikel entstand Ostern 2002, nach den Hochtagen der Milzbrandeinsätze 2001.


Samstag vor Ostern beim Einkauf im Walmart, Einkaufswägelchen zu ¾ des Plansolls gefüllt, als plötzlich eine Durchsage ertönt. „1000, 1000, 1000“ und so weiter. Moment mal: mir hat doch mal jemand recht glaubwürdig erzählt dass das in einem anderen großen Warenhaus dieser Nummerncode die Durchsage zur Information des Personals ist, dass in einer Minute die Hauptevakuierung erfolgt?

Wo bin ich hier gerade? US- Einkaufszentrum, die Filiale neben der Hauptverwaltung für Deutschland in Wuppertal- Anschlagswahrscheinlichkeit somit also eher mittelprächtig.
Gab es schon Anschläge in Deutschland? Seit Jahren nicht, da Deutschland global gesehen eigentlich nicht besonders wichtig ist.

Der Supermarkt ist randvoll mit Personen, brandschutztechnisch ok, hat unter anderem eine Sprinkleranlage.

Also (vorsichtig lebt länger) erstmal Einkaufswagen stolpersicher parken und mich selbst neben den nächsten Notausgang stellen.

Währenddessen das abrattern der Checkliste im Hirn:
a) umsehen: keine Personen in auffallender Kleidung in grün, bambus, dunkelblau, orange
b) kein Feuer, Rauch, komische Stäube, umkippende Personen, ausgelöste Sprinkler, andere Durchsagen
c) keine Panik bei Personal oder Kunden zu beobachten
d) kurzer Eigensymptomcheck: Keine komischen Gerüche, Atmung / Kreislauf OK, keine Nasenlaufen, keine Sehstörungen, Angstzustände- Gehirn funktioniert anscheinend auch gut.
e) vorhandene PSA: natürlich keine (außer vielleicht einem Feinstaubfilter in der Staubsaugerbeutelabteilung, aber welcher Attentäter würde schon B- Krams einsetzen, wenn anderes viel leichter geht?)
f) sonstiges: Feuerlöscher vorhanden, aber Einsatz bisher nicht erforderlich, Behelfsdekontamination mit Danclorix in der Sanitärabteilung ebenfalls möglich, aber glücklicherweise bisher auch nicht erforderlich.

Erster Nebengedanke währenddessen: Erkundung und Bewertung zwar etwas miteinander vermischt, aber immerhin ;-)

Nach 3 Minuten immer noch kein Evakuierungsaufruf, also weiter mit Plan B: Einkaufswagen weiter voll machen und in Richtung Kasse schieben, sonst Hunger über Ostern- auch blöd...

Zweiter Nebengedanke: Entschluss auch abgearbeitet 

Drittens: Abschlussgedanke: Kann es sein das ABC`ler ein kleines bisschen anders sind als andere?

Neeeeiiiiiin, ganz bestimmt nicht, die Gedankenkette hatten bestimmt alle 600 anderen Personen im Supermarkt auch!

Trotzdem schlimm, dass wir beginnen müssen solcherlei Gedanken in unser fachliches Analysedenken mit aufzunehmen.

Schöne ungestörte Ostertage!

Offener Brief

Tag für Tag geschehen Unglücke.
Tag für Tag versuchen viele Menschen zu helfen, wenn Hilfe gebraucht wird.
Tag für Tag berichten die Medien darüber.
Mal sind diese Helfer heldenhafte Retter, dann wieder…doch das ist ein anderes Thema.

Diese Helferinnen und Helfer stammen aus verschiedensten Hilfsorganisationen, die den Bürgern im Notfall zu Hilfe kommen. Feuerwehren, Rettungsdienste, Technisches Hilfswerk und viele andere, die eigentlich nur auffallen, wenn man sie braucht und sie nicht in zwei Sekunden zur Stelle sind.

Deshalb stiften manche Länder sogar Medaillen, um Ihre Helfer zu „ehren“.

Dazu möchte ich mich mit meiner Meinung äußern.

Ich bin (inzwischen seit über zehn Jahren) Feuerwehrmann, weil ich gerne helfe, gerne mit Technik umgehe, gerne mit Gleichgesinnten zusammen bin. Ich erfreue mich nicht an anderer Menschen Leid, und ich zünde auch nichts an, wenn es mal länger nicht gebrannt hat.

Ich freue mich sehr, wenn mal nichts passiert, mal niemand in Not ist, mal niemand Schmerzen hat, niemand leiden muß.

Ich freue mich etwas weniger,
wenn ich wenigstens einem Menschen oder Tier in einer Notlage helfen kann,
und zwar so gut wie es nur eben machbar ist.

Sollte allerdings in nächster Zeit jemand auf mich zutreten und mir ernsthaft „ehrenhalber“ ein Blechabzeichen in die Hand drücken, dann werde ich mich nicht freuen.
Ich werde mich ärgern.

Warum?
Weil ich für meine Engagement etwas ganz anderes erwarte.
Ich möchte nach jedem Einsatz gesund wieder nach Hause kommen. Ich möchte nicht meinen Arbeitsplatz verlieren, weil ich zu diesem Einsatz gefahren bin, um jemanden zu helfen. Und ich wünsche mir dies ebenso für alle meine anderen Kameradinnen und Kameraden.

Ich finde, daß dies nicht zuviel erwartet ist.

Trotzdem gibt es immer noch viele Feuerwehrleute, die in ein Feuer gehen ohne ausreichend geschützt zu sein. Sie gehen in einen Brandraum, in dem Temperaturen von mehreren hundert Grad herrschen, und sollen dabei eine Hose tragen, die nicht dicker ist als eine handelsübliche Jeans. Tolle Idee. Schon oft haben sich Feuerwehrleute deshalb die Beine verbrannt, und es passiert immer wieder. Verletzt werden allerdings nur diejenigen, die wirklich in das Feuer gehen und dort Menschen zu retten versuchen. Nicht denjenigen, die diese Entscheidung treffen um eine paar Euro auf Kosten anderer Menschen Gesundheit und Leben zu sparen. Und dies scheint offensichtlich legal zu sein.

Trotzdem gibt es immer noch Rettungsdienstangehörige, die oft mehrmals wöchentlich nach Verkehrsunfällen blutende eingeklemmte Personen befreien und versorgen. Und denen immer noch keine kostenlosen Schutzimpfungen gegen gängige Infektionserkrankungen von ihrer Gemeinde angeboten wurde.

Trotzdem gibt es immer noch Helfer, die wissen daß sonst niemand zu Hilfe kommt, wenn sie nicht ihre Arbeit unterbrechen und diese oft über Leben und Tod entscheidende Hilfe leisten. Sie wissen auch, daß niemand ihnen und ihrer Familie zu Hilfe kommt, wenn sie deswegen dann letztendlich nach vielen Einsätzen ihre Arbeit verlieren. Meistens helfen sie so lange, bis ihnen der Arbeitgeber diskret andeutet, daß es viele Gründe und Möglichkeiten gibt, einen „renitenten“ Mitarbeiter zu entlassen. Und sie haben gegenüber einer Partei immer ein schlechtes Gewissen: Familie, Freunden, Opfern, Kameraden. Es gibt praktisch keine Lösung, bei der nicht jemand zu kurz kommt. Trotzdem führen die Gemeinden, die zum Einsatz rufen, keine Gespräche mit den Arbeitnehmern und denken meist nicht einmal über neue Lösungen nach.

Der Satz: „Tue nichts Gutes, dann geschieht Dir nichts Böses“ scheint mir in diesem Zusammenhang immer mehr Wahrheit zu erhalten.

Deshalb ärgere ich mich.
Wie mit Sicherheit die meisten meiner Kameradinnen und Kameraden (stellvertretend genannt allein bei der deutschen Feuerwehr über eine Million, die zusammen dafür sorgen, daß überall hier binnen Sekunden und Minuten Hilfe zur Stelle ist) interessiere ich mich nicht für ideelle Auszeichnungen. Ich interessiere mich dafür, professionell zu helfen und TROTZ meines Ehrenamtes gesund und (sozial) sicher leben zu können.

Ich bitte alle Menschen, die darauf Einfluß nehmen können, es auch zu tun.
Die Politiker um ihr verantwortungsvolles und zukunftsbewußtes Handeln,
die Arbeitgeber um Verständnis und Bereitschaft zum Dialog,
die Bürger um eine bißchen mehr Aufmerksamkeit für ihre Nachbarn,
damit aus kleinen Problemen keine echten Notfälle werden. Für Niemanden.

Und wenn Sie noch mehr tun möchten, dann gehen sie mal bei Ihrer Feuerwehr oder einer anderen Hilfsorganisation, die ihnen liegt, vorbei und sehen sie sich mal um…vielleicht wollen sie dann ja auch dort mithelfen.

Ich bitte nicht nur deshalb um Verständnis, weil den Helfern zumindest keine Nachteile aus ihrer Hilfeleistung erwachsen sollten.
Sondern auch, damit es in zwei, fünf oder zehn Jahren, wenn sie oder ein Mensch, der Ihnen nahe steht, in Lebensgefahr gerät, immer noch andere Menschen geben kann, die zu Hilfe kommen.

Danke für ihre Aufmerksamkeit.

Ein Helfer.

Gibt es wirklich mehr als eine Hilfsorganisation?

Solange ich in der Feuerwehr bin, rätsele ich darüber ob es einen gewissen Unterschied Zwischen Feuerwehr, Polizei, THW und Rettungsdiensten, zwischen Hauptberuflichen und ehrenamtlichen Einsatzkräften nun gibt oder nicht:

Denn manchmal werde ich als gleichwertiger Partner akzeptiert; alle an der Einsatzstelle bilden ein Team, in dem jeder seine Stärken einbringt, auf den anderen aufpaßt und letztendlich alle zusammen den Einsatz zum bestmöglichen Erfolg machen.

Dann wieder sollen sich kompetente und kompetentere Kräfte in die Ecke stellen und so genannte und selbsternannte Experten nicht stören, während der Einsatz gerade eben nicht in die Katastrophe abgleitet.

Sun-Tzu stellte schon vor 2000 Jahren fest, daß diejenige Armee einen Krieg gewinnt, die in allen Rängen vom selben Geist durchdrungen ist.
Diesen Geist wünsche ich mir auch durch alle Ränge unserer Armee von Helfern hindurch.
Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Rettungsdienst, BF und FF, Mann und Frau, jung und alt, Handwerker oder Kopfarbeiter können füreinander beides sein:
Perfekte gegenseitige Ergänzungen oder unüberwindbare und unversöhnliche Feinde.

Mein Rezept zur Zusammenarbeit ist weder schwierig noch neu:

1. Reden, miteinander reden, einander zuhören, nachfragen. So lange, bis wir unsere gegenseitigen Stärken und Schwächen kennen, uns „vertraut gemacht haben“.

2. Für jede schwierigere Aufgabe die jeweiligen Spezialisten aussuchen, ihnen den Rücken freihalten, sie unterstützen, von ihnen lernen, ihre Kompetenz und Leistung würdigen.

3. Fehler werden im Team aufgefangen, analysiert und Erkenntnisse daraus umgesetzt; sich nur über den Fehler eines einzelnen Teammitglieds lustig zu machen ist eine verpaßte Lernchance für das gesamte Team.

4. Einsätze nachbereiten, auswerten, umsetzen. Es gibt kaum einen besseren Weg für eine Führungsfunktion, das Vertrauen seiner Mannschaft zu festigen, als wenn er allen Einsatzteilnehmern in einer Nachbesprechung erklärt, warum ihre jeweilige Einsatzaufgabe wichtig war. Wenn die Führung das Team zusätzlich nach Erkenntnissen und Verbesserungsvorschlägen fragt und diese wieder in die Ausbildung einfließen läßt, dann ist bereits der Regelkreis der kontinuierlichen Verbesserung angelaufen.



5. Vertrauen, Lob und Erfolgsgefühl und das Gefühl wirklich gebraucht zu werden sind einfach nicht durch Geld oder alberne Ehrenauszeichnungen zu ersetzen.

Wenn wir unseren traditionellen Anspruch der schnellen, kompetenten und menschlichen
Hilfe für den Nächsten in akuter Not nicht nur auf einer Flagge herumtragen, sondern auch umsetzen und leben wollen, dann ist Zusammenarbeit unser Weg dorthin.

Und wenn nicht, dann sind wir leider in einer Hilfsorganisation absolut falsch.

Warum ich bei der Feuerwehr bin?

Zunächst mal möchte ich, wenn ich diese Frage beantworte, einige Standardirrtümer korrigieren:

Nein, ich wollte nicht schon immer Feuerwehr sein seit ich drei Tage alt war und mal ein Feuerwehrauto vorbeifahren hörte und mir so dachte: Das ist mein großes Vorbild...

Ebenso bin ich nicht in die Feuerwehr eingetreten weil ich damals Backdraft gesehen habe und auch solche coolen Riesenfeuer ausmachen will.

Und zuletzt fühle ich mich auch nicht wirklich als Held des Alltags, als wahnsinnig nützliche Beiträge zu unserer Gesellschaft leistenden Bürger und so weiter.

Warum ich es wirklich mache? Weil es sich gut und richtig anfühlt.
Ich helfe gern. Und ich bin ich technisch interessiert und löse gern technische Probleme. Damit fühle ich mich in der Feuerwehr richtig- Ich kann dort mit Geräten umgehen die ich in meinen normalem „Zivilleben“ nicht so schnell in die Finger bekäme. Ich lerne wie sie funk-tionieren, wie ich sie am effektivsten einsetze, sie warte und wo ihre Grenzen liegen.

Dann ist da diese Perfektion: Als ich vor inzwischen auch über 10 Jahren in die Feuerwehr eintrat, hat mir ein erfahrener Maschinist (Fahrer und Gerätebediener) beigebracht, wie man in wenigen Minuten ein komplettes Feuerwehrfahrzeug auf seine Einsatzbereitschaft über-prüfen kann. Nach und nach lernte ich dann immer mehr über die einzelnen Geräte inklusive deren Wartung. Zum Beispiel, wie man die Metallbeschläge einer Holzleiter mit dem Hauch Öl einreibt, der sie vor Rost schützt, die Verriegelungen perfekt einrasten läßt und trotzdem noch einen sicheren Griff ohne Abrutschen ermöglicht. Wie man 30 Meter Leine so in den Leinenbeutel verpackt, daß sie optimal ausläuft, wenn man sie braucht und sie gleichzeitig beim Einpacken auch noch so prüft, wie es sein muß wenn eines Tages ein Mensch und damit auch ein Leben daran hängen könnte. Und vieles, vieles andere ...
Noch heute kommt es manchmal vor, daß ich todmüde vor mich hingrummele, wenn ich nach einem stundenlangen Einsatz ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen eben noch nicht unter die Dusche und in mein Bett komme, sondern noch weitere ein oder zwei Stun-den Geräte wasche und Fahrzeuge neu bestücke. Dabei frage ich mich vermutlich zum tau-sendsten Mal, wieso Riffelblech in Fahrzeuginnenräumen eingebaut wird, obwohl es sich so … reinigen läßt. Aber da sich auch keiner drückt, ist unser Gerät dann auch zügig wieder in genau dem Zustand, in dem es sich schnell, sicher und so effizient, wie es nur sein kann einsetzen läßt, bevor die Tür der Wache hinter uns zufällt. Auch das ist das Gefühl, gut zu arbeiten, welches ich nicht missen möchte.

Improvisation ist das nächste Stichwort:
Es kommt immer wieder eine neue Herausforderung, ein noch nicht dagewesenes Problem. Das ist einfach so in unserer hochtechnisierten Umwelt. Wir können müssen also immer zu-sehen, daß wir mit unserem Wissen und dem Gerät, das wir haben (und es ist echt nicht unendlich viel, auch wenn es auf den ersten Blick in ein Feuerwehrfahrzeug oft so aus-schaut) irgendwie die Aufgabe lösen, die sich uns stellt.
Ein Beispiel dazu: Die meisten Feuerwehrfahrzeuge führen eine so genannte Steckleiter mit sich, vier etwa 2,70 m lange Einzelteile, die zu einer Anlegeleiter in der jeweils erforderlichen Länge zusammengesteckt werden können. Aus dem Stegreif weiß ich, daß ich diese vier Leiterteile auch als Bockleiter in zwei verschiedenen Längen mit einer improvisierten Kurbel zur Kanalrettung, als Steighilfe an steilen Böschungen, als Eisrettungsschlitten, als Behelfs-brücke über schmale Bäche, als Gleitebene zum Abseilen einer Krankentrage, zusammen mit einer Leine und einer Plane als provisorisches Auffangbecken, als Halter für ein Regen-schutzdach oder eine Sichtschutzplane, als 4 Behelfstragen sowie als Steg über einen Sta-cheldrahtzaun einsetzen kann. Und garantiert wird bei irgendeinem Einsatz demnächst von ein paar Kollegen eine neue Verwendungsmöglichkeit erfunden werden. Dieses zielgerichte-te Tüfteln, improvisieren, lösen von Problemen finde ich immer wieder eine ungemein faszi-nierende Aufgabe. Übrigens sind in dieser Disziplin Frauen oft sogar noch phantasievoller als Männer, da sie meist zielstrebiger denken, indem sie besser an üblichen Lösungen „vor-beidenken“ können.

Zusammenarbeit ist für mich ebenfalls sehr wichtig: Wenn zwei Feuerwehrleute in einem brennenden Haus löschen, dann können sie dies nur, weil sie Teil eines eingearbeiteten Teams sind: Der Sicherungstrupp steht mit Atemschutzgerät auf dem Rücken bereit, um ih-nen sofort helfen zu können, wenn sie in Schwierigkeiten kommen. Weitere Trupps kümmern sich um Schläuche, stellen Leitern auf oder bereiten andere Ausrüstung vor. Der Maschinist bedient die Pumpe und sorgt für genug Löschwasser im Schlauch, der Gruppenführer beur-teilt ständig die Einsatzsituation und sorgt so für Sicherheit und schnellen, effizienten Ablauf.
Je nach Gefährdung an der Einsatzstelle stehen darüber hinaus Rettungswagen und Notarzt zur optimal schnellen Versorgung und Betreuung von Verletzten an der Einsatzstelle bereit. Besondere Einsätze im Ungang mit Gefahrstoffen erfordern sogar bestimmte Meß- und Waschstationen. Jeder Feuerwehrangehörige muß also eine bestimmte Aufgabe erfüllen, damit der gesamte Einsatz klappt. Gleichzeitig müssen nach Möglichkeit alle jede der ver-schiedenen Aufgaben durchführen können, um auf eine Veränderung der Einsatzlage immer optimal reagieren und alle aktuell gegebenen Gefahren einschätzen zu können. Interessan-terweise scheint sich bei dieser Zusammenarbeit das Wissen der einzelnen nicht nur zu ad-dieren, sondern eher zu multiplizieren. Das erfordert natürlich viel Vertrauen und viel Übung: Aber es lohnt sich immer wieder, denn wenn ich weiß was mein Kollege denkt, muß ich nicht lange mit ihm reden um mit ihm an einem Strang zu ziehen. Je besser das klappt, desto besser werden Einsätze abgearbeitet, desto effizienter können wir also helfen. Und jeder von Uns- Feuerwehrangehöriger oder nicht- weiß, daß es ein gutes Gefühl ist, gute Arbeit gelei-stet zu haben und ein noch besseres, damit auch jemand geholfen zu haben, der gerade dringend Hilfe brauchte.


Natürlich gibt es auch Sachen die mich mitunter in der Feuerwehr stören, und drei davon möchte ich der Ehrlichkeit und des Anliegens willen hier auch gern darstellen:

1.) Der Feuerwehrbetonschädel oder: „Wir machen das so weil wir es schon immer so gemacht haben“... Wie in vielen anderen Bereichen auch gibt es auch in Sachen Feu-erwehr ab und an Neuerungen, die sich bewähren und Arbeitsvorgänge leichter und das Leben sicherer machen. Hier gibt es aufgeschlossene und ablehnende Haltun-gen, sich mit solchen (sinnvollen!) neuen Techniken etc. auseinanderzusetzen. Ent-gegen einem bekannten Vorurteil ist das eben nicht altersabhängig: Mir sind Berufs-feuerwehrkollegen, die ein halbes Jahr vor der Rente immer noch begierig alles Neue lernen. ebenso begegnet wie solche von 25 Jahren, die nach noch nicht einmal fünf Jahren Feuerwehrpraxis meinen alles zu wissen. Inzwischen sehe ich solche Über-zeugungsarbeit als Herausforderung. Vergleichsexperimente oder ein gut vorbereite-ter, sachlicher Unterricht können mitunter eben doch viel ändern.

2.) „Frauen können körperlich nicht so viel leisten wie Männer und sind psychisch auch nicht so belastbar.“ Wer heutzutage ernsthaft noch eine solche Meinung vertritt sollte meiner Ansicht nach dringend mal überprüfen ob er vielleicht ein paar Komplexe oder Berührungsängste hat, denn sachlich ist an diesen Thesen wohl nichts Haltbares zu finden. Meine zierlichen männlichen Kollegen von einem Meter fünfundfünfzig Kör-pergröße werden auch nicht gefragt, ob sie zu schwach für den Feuerwehrdienst sind, also können wir das schon mal streichen. Und wenn die zu rettende Person im zeitkritische Extremfall halt auf dem Weg in die Sicherheit die Treppe hinunterge-schleift wird, dann ist das vielleicht mal kurzzeitig etwas unschön für den gerettet werdenden Endverbraucher, aber ein paar blaue Flecken sind reversibel, Tod nicht. (Abgesehen davon: Eine 130 kg-Person kriege ich alleine in meiner 80-kg Klasse auch nicht anders bewegt, wenn die Zeit knapp ist.) Zur so genannten psychischen Belastbarkeit: In der Krankenpflege sind nach wie vor überwiegend Frauen tätig, und sie ertragen dort täglich heftigste psychische Belastungen (beispielsweise Betreuung von Koma- oder Tumorpatienten) in einem Ausmaß, daß ich nur bewundern kann. Jeder Mensch hat seinen persönlichen Eichpunkt, bei dem es ihm mal „die Sicherung raushaut“. Aber der ist nicht vom Geschlecht abhängig, sonder von der Persönlich-keit, den Verarbeitung- und Verdrängungsmechanismen und der erfolgten fachlichen Vorbereitung auf unerfreuliches. Mit Gleichgestellten über das zu reden was quält ist gesund, Machos und Verdränger dagegen sind oft „Einsatzzeitbomben“.

3.) Die zwei Sorten von Feuerwehrleuten und Ersatzdienstleistenden bei der Feuerwehr: Es kommt immer wieder vor daß Kollegen, die lange Jahre in der Feuerwehr gewe-sen sind oder die ihren Ersatzdienst bei der Feuerwehr abgeleistet haben, die Feu-erwehr einfach an den Nagel hängen. Das ist schließlich auch ihr gutes Recht. In mir kommt jedoch dann immer ein wenig das Gefühl auf, darin versagt zu haben, ihnen zu zeigen, wie sie Befriedigung aus dieser Arbeit ziehen können und wie wichtig ihre Tätigkeit ist. Und ich sehe so einige Jahre an Ausbildungsarbeit flöten gehen, die fortan nicht mehr genutzt werden und brachliegen. Aber so ist es eben manchmal...

Für mich ist es nach wie vor eines der dankbarsten und sinnvollsten Hobbys der Welt.

Start

In meinen inzwischen 13 Feuerwehrjahren habe ich ab und zu mal zu meinem Hobby geschrieben. Einige Menschen haben etwas davon gelesen und fanden es gut.

Deshalb traue ich mich nun endlich einmal und stelle die gut gelungenen Dinge in das Internet.

Vielleicht komme ich so ja mit anderen im Kontakt, die ähnliches erlebt haben oder die anderer Meinung sind und mit mir diskutieren möchten.

Ich würde mich freuen.

Ach ja: Mein Leben besteht durchaus nicht nur aus Feuerwehr und ich lache sehr gern und durchaus auch über mich selbst.